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Für manche ist er der Spinner mit den Bäumen, aber Thomas Domin hat längst gezeigt, dass in der Landwirtschaft neue, nachhaltige Ansätze gefragt sind, um zukunftsfähig zu bleiben. Der Landwirt hat in dem vom Bundesministerium für Bildung undForschung (BMBF) geförderten Projekt Aufwerten Bäume gepflanzt, um weiterhin Getreide anbauen zu können – und schont damit den Boden und schützt das Klima.
Manchmal muss man mutig sein, um neue Wege zu gehen – Thomas Domin ist so ein Mensch. Er ist Landwirt in Südbrandenburg, in Peickwitz in der Oberlausitz: Eine Region, die geprägt ist von Getreide- und Maisfeldern, von trockenen Böden und Sandstürmen. Bäume sucht man auf den großen Ackerschlägen vergebens. Anders bei Thomas Domin: Sieben mehrreihige Baumstreifen mit schnell wachsenden Gehölzen wie Erle, Pappel, Weide und Robinie unterteilen seine Äcker rund um den Familienbetrieb – und sorgen damit immer mal wieder für Gesprächsstoff. Tatsächlich betreibt der konventionell wirtschaftende Landwirt als einer der ersten in der Region Agroforstwirtschaft: Er kombiniert Ackerkulturen mit dem Anbau und der Nutzung von Gehölzen und Sträuchern: „Die habe ich gepflanzt, damit ich weiterhin Getreide anbauen kann“, so der Landwirt. Manche seiner Kollegen nennen ihn deshalb auch nur den Spinner mit den Bäumen. Domin nimmt solche Äußerungen gelassen hin: „Es sind in den vergangenen fünf Jahren weniger geworden“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Und der Erfolg gibt ihm recht. Aber der Reihe nach: Domin war 19 Jahre jung, als er den Hof von seinem Vater übernahm. Das war 1997. 23 Jahre sind seitdem vergangen, in denen sich für Landwirtschaftsbetriebe vieles verändert hat – auch die Witterungsbedingungen. „Die Extreme in Südbrandenburg sind mehr geworden. Es gibt längere Trocken- und Regenperioden, der Wind hat zugenommen“, resümiert Domin. Landwirtinnen und Landwirte müssen sich diesen Herausforderungen notgedrungenstellen. „Dürre und trockene Böden wie 2018 und 2019 waren in unserer Region so extrem, das habe ich noch nie erlebt“, sagt der 42-Jährige. Die trockenen Sandböden sind selbst in normalen Sommern schwierig zu bewirtschaften: Wasser ist knapp. Und der starke Wind sorgt immer wieder für Sandstürme.
Irgendwann sei ihm klar geworden, dass es mit der für ihn existenziellen Ressource Boden so nicht weitergehen könne, aber einen Ausweg wusste er auch nicht. Da kam der Anruf von Christian Böhm von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Der stellte das bisherige Leben des Familienbetriebs ganz schön auf den Kopf. Böhm fragte Thomas Domin, ob er sich vorstellen könne, am Agroforst-Projekt Aufwerten teilzunehmen, das der Projektträger Jülich (PtJ) im Auftrag des BMBF umsetzte. Der promovierte Wissenschaftler Böhm erforscht seit Jahren die Effekte von Agroforstsystemen. Domin hingegen hatte von dem Thema zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung: „Ich wusste nicht, dass es diese Form der Bewirtschaftung in Deutschland überhaupt gibt.“ Der Landwirt ließ sich den Ansatz von Böhm erklären und fand die Idee überzeugend: Die angepflanzten Gehölze schützen die Äcker vor dem Wind, es wird weniger Boden abgetragen. „Das System ist in der Lage, die Windgeschwindigkeit auf Ackerflächen um bis zu 90 Prozent zu verringern“, erklärt Domin. So nimmt auch die Verdunstungder Flächen ab. Dem Getreide steht also mehr Wasser zur Verfügung. „Wasser ist in unserer Region der begrenzende Faktor“, so Domin. Die Ernteerträge bleiben stabil oder fallen sogar höher aus. „Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass sich durch Gehölzstreifen die Erträge der Ackerkulturen um durchschnittlich 16 bis 20 Prozent steigern lassen“, sagt Dr. Christian Böhm. Außerdem binden die Bäume Kohlendioxid und helfen unerwünschte Nährstoffeinträge in Oberflächengewässer zu verhindern. Domin ist überzeugt: „Würde es gelingen, mit den Bäumen die Kohlendioxidemissionen der Landwirtschaft auszugleichen, wäre viel gewonnen.
Dann ist da noch das Holz, das der Landwirt künftig Jahr für Jahr ernten kann. Eine zusätzliche Einnahmequelle. „Die Gehölze sind konkurrenzfähig zu einjährigen Energiepflanzen wie Mais“, sagt der Landwirt. Zurzeit drückt allerdings noch ein Überangebot die Preise am Markt, bei Domin geht die Rechnung trotzdem auf: Er nutzt die Holzernte für den Eigenbedarf. So ganz nebenbei locken die sieben Hektar Gehölzstreifen auf Domins 330 Hektar Ackerflächen Insekten, Vögel und Niederwild an, die Artenvielfalt nimmt zu. Gleichzeitig wird die Landschaft durch die Bäume aufgewertet.
Heute fällt Domins Fazit eindeutig aus: „Ich würde den Weg immer wieder gehen. Stellen Sie sich an einem heißen Sommertag in einen meiner Gehölzstreifen und anschließend auf eine große freie Ackerfläche. Die Unterschiede sind spürbar. Die Pflanzen sind diesen Extremen sonst ausgesetzt, sie wachsen in den beschatteten Bereichen deutlich besser.“
Der Weg bis dahin war allerdings auch steinig – und ohne die BMBF-Projektförderung kaum gangbar: Im November 2014 fiel der offizielle Startschuss, 2015 wurde gepflanzt – alle packten mit an. Im ersten Jahr hieß es: Unkraut jäten, damit die Bäumchen wurzeln und wachsen. Auch auf seinen Viehweiden pflanzte Domin Bäume: Zwei Baumstreifen dienen den 25 Mutterkühen mitsamt Nachwuchs als Witterungsschutz: Im Sommer spenden die Bäume Schatten, bei nasskaltem Wetter dienen sie als Windschutz.
Im ersten Jahr war – die Bäume mussten ja erst wachsen – von den Effekten nicht viel zu spüren, 2017 zerstörte Hagel die erste Holzernte, 2018 und 2019 minimierten die Dürreperioden die Holzausbeute. Aber: „Mein Acker ist aus der Windgefährdung raus. Die Bäume schützen vor Winderosion und halten die Feuchtigkeit besser im Boden. In vier Jahren Projektförderung lässt sich nicht viel mehr erreichen. Wer Agroforst betreibt, muss langfristig denken“, rät der Landwirt.
Deshalb war mit Projektende im Sommer 2019 die Idee auch nicht begraben: „Wir haben den Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft, kurz DeFAF, gegründet“, so Domin. Bei der Gründungsversammlung saßen 80 Menschen im Saal, inzwischen gehören über 130 Mitglieder zum Verband – aus der konventionellen Landwirtschaft, von Biobauernhöfen, aus dem Naturschutz und der Politik. Sie begegnen sich auf Augenhöhe – in der festgefahrenen Situation zwischen Politik und Landwirtschaft eine Ausnahmesituation. „Ich sehe die Agroforstwirtschaft als Bindeglied zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft: Wir müssen versuchen, nachhaltiger mit unserer Ressource Boden umzugehen. Wenn wir es schaffen, diesen Ansatz auszubauen, statt den Boden auszubeuten, haben wir viel gewonnen!“ Für Domin steht außer Frage: Agroforst hilft den Bauern, sich der Klimaveränderung anzupassen: „Es ist kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Baustein für eine nachhaltigere Landnutzung und eine zukunftsträchtige Landwirtschaft!“
Das Projekt DAKIS nutzt die Digitalisierung und Feldrobotik in der Landwirtschaft. Damit sollen Ökosystemleistungen (ÖSL), Biodiversität und Ressourceneffizienz in moderne Planungsprozesse sowie in Produktion und Vermarktung integriert werden. Die Forschenden entwickeln dazu ein digitales Entscheidungsunterstützungssystem, welches Echtzeitdaten über Boden oder Pflanzenzustand sammeln und diese mit Daten mit gesellschaftlichen Bedarfen und ökonomischen Faktoren kombinieren soll. Parallel werden neue Anbausysteme in Testregionen entwickelt, die auf kleinräumige Heterogenität, ÖSL und Biodiversität abgestimmt sind.
CUBES Circle zielt auf eine intelligente Vernetzung von neuen agrarischen Produktionssystemen in geschlossenen Energie- und Stoffkreisläufen ab. Lebensmittel sollen in CUBES kultiviert werden. Das sind miteinander kommunizierende Einheiten, die Pflanzen, Insekten und Fische produzieren und Reststoffe aus den jeweiligen anderen Prozessen nutzen. Die Produktion in den CUBES kann durch smarte Regelungsmaßnahmen dynamisch an Umweltbedingungen angepasst werden. Neueste Technologien und der Zero-Waste-Ansatz sollen gesunde Nahrungsmittel bei einer bisher unerreichten Ressourcen- und Energieeffizienz produzieren.
Im Rahmen von SUSKULT wird an einem innovativen kreislaufbasierten Nahrungsmittelproduktionssystem gearbeitet. Auf Hydroponik basierend wachsen und gedeihen die Pflanzen im Rahmen einer Indoor-Kultivierung unter Einsatz von Nährstofflösungen. Die dafür benötigten Ressourcen Stickstoff, Phosphor, Kalium, CO2 sowie Wärme und Wasser bezieht das SUSKULT-Anbausystem direkt aus einer Kläranlage. Diese gartenbauliche Produktion direkt im urbanen Raum und gekoppelt an den Rohstofflieferanten Kläranlage, spart Transportwege, führt zu mehr Regionalität und ermöglicht einen lokalen und nachhaltigen Agrarbetrieb.
RUN beschäftigt sich mit der Entwicklung innovativer Technologien. Nährstoffe sollen aus Bioabfällen und Abwasserströmen zurückgewonnen und für die Produktion von Düngemitteln für die Landwirtschaft verwendet oder als Pflanzenkohle, Biokunststoffe und Biogas genutzt werden. Dazu ist eine integrierte Analyse der Stoffströme nötig. Systemische Szenarioanalysen sollen zudem zeigen, inwieweit diese technischen Lösungen sozial akzeptiert und ökonomisch umsetzbar sein werden. RUN fördert die Vernetzung von Stadtbevölkerung und Landwirtschaftsbetrieben, um Kreisläufe nachhaltig zu schließen.
Bild „Sektor Landwirtschaft“: ©Art by Pixel - stock.adobe.com
Bild „Agroforst: Landwirtschaft mit Tradition“: © Gilardi Valeria
Bild „Agrarsysteme der Zukunft“: Copyright: Nemanja Otic, oticki@gmail.com
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