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Bisher sind Fabriken vor allem Energieverbraucher. Eine Fachgruppe der Technischen Universität Darmstadt hat gemeinsam mit mehreren Industriepartnern eine Modellfabrik entwickelt, die zeigt, wie metallverarbeitende Betriebe das Stromnetz der Zukunft stabilisieren, Energie flexibilisieren und den Ausstoß an Treibhausgasen verringern können. Die in einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Projekt entwickelte Technik kann künftig auf viele kleine und mittlere Unternehmen übertragen werden.
Von außen gleicht die PHI-Factory einem modernen Bürogebäude: hohe Glaswände, viel Licht. Doch statt Schreibtischen stehen hier Anlagen, wie sie in vielen mittelständischen Metallverarbeitungsbetrieben zu finden sind. Die PHI-Factory ist bis ins Detail mit diesen vergleichbar. Nur verbraucht sie rund 40 Prozent weniger Energie.
In der großen Halle mit all ihren Maschinen wird mit dem Kooperationspartner Bosch-Rexroth nur ein einziges kleines Bauteil verarbeitet – eine rund zehn Zentimeter breite Steuerscheibe für eine Pumpe. Tatsächlich ist die PHI-Factory nicht in erster Linie zum Produzieren da. Vielmehr ist sie ein stattliches Forschungslabor des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen der TU Darmstadt. Rund 20 Ingenieurinnen und Ingenieure der Forschungsgruppe Energietechnologien und Anwendungen untersuchen hier, wie sich metallverarbeitende Produktionsprozesse so steuern lassen, dass sie nicht nur energiesparend sind, sondern sich auch perfekt in das Stromnetz der Zukunft einfügen.
Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien wird in den kommenden Jahren der Anteil des schwankenden Stromangebots aus Sonnen- und Windenergie zunehmen. Zugleich fallen große Atom- und Kohlekraftwerke weg, die das Stromnetz über Jahrzehnte konstant versorgt haben. Daher braucht es alternative Technologien, die das Stromnetz stützen. Solche Technologien sind die entscheidende Voraussetzung dafür, dass sich Deutschland künftig zum großen Teil mit regenerativ erzeugter Energie versorgen kann. Nur damit werden sich die Klimaziele erreichen und die Kohlendioxidemissionen verringern lassen. „In Deutschland gibt es etwa 12.000 mittelständische Fertigungstechniker“, erklärt PHI-Factory-Projektleiterin Jessica Walther von der TU Darmstadt. „Gelingt es, die Produktion all dieser Betriebe in Zukunft sozusteuern, dass sie sich flexibel an dem Energieangebot ausrichten, dann wäre in Summe viel gewonnen, um das Stromnetz zus tabilisieren.“
Wie das geht, erforscht das Projektkonsortium unter Darmstädter Leitung mit einer ausgeklügelten Anlagentechnik. In erster Linie sind das die Maschinen, die für die Produktion der Steuerscheibe benötigt werden: die Werkzeugmaschinen, in denen die gusseisernen Rohlinge gedreht, gefräst und geschliffen, die Öfen, in denen die Scheiben gehärtet und die Reinigungsanlagen, in denen sie gesäubert werden. Hinzu kommt die Technik, die die Fabrik mit Energie versorgt: Zum einen ein Blockheizkraftwerk zur Strom- und Wärmeproduktion; zum anderen ein vakuumisolierter Wärmespeicher, der die Abwärme der Öfen aufnimmt. Die Wärme wird später genutzt, um Wasser aufzuheizen, das dann beispielsweise in den Reinigungsmaschinen zum Einsatz kommt.
Um elektrischen Strom zu speichern, gibt es einen Hybridspeicher. Er besteht aus einer großen Batterie und einer rotierenden Schwungmasse. Bei einem Überangebot an Ökostrom kann der Strom damit doppelt gespeichert werden. Er versetzt eine Schwungmasse in Rotation, die in einem reibungsfreien Lager gleitet. Bei Bedarf wird sie abgebremst und die Bremsenergie in Strom zurückgewandelt. Der Schwungmassenspeicher kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn für kurze Zeit viel Strom benötigt wird – zum Beispiel dann, wenn die Werkzeugmaschinen angefahren werden. Batterien leiden, wenn man siehäufig kurz lädt und entlädt. Der Schwungmassenspeicher aber ist geradezu ideal, um kurzfristige hohe Strombedarfe, sogenannte Lastspitzen, abzudecken. Die Batterie wiederum kann Energie liefern, wenn über längere Zeit Strom benötigt wird – beispielsweise bei einem Stromausfall. Die Fabrik kann damit gut eine Stunde autarkarbeiten.
Tatsächlich ist es dem PHI-Factory-Team gelungen, die Fabrik zu einem exemplarischen Baustein für das intelligente Stromnetz der Zukunft zu machen. Die Fabrik speichert Ökostrom, den sie bei Lastspitzen nutzt. Zugleich stabilisiert sie das Stromnetz: Der hybride Speicher und die Antriebe der Werkzeugmaschinen sind über einen sogenannten Frequenzumrichter mit der Außenwelt verbunden. Frequenzumrichter wandeln den Wechselstrom aus dem Stromnetz in Gleichstrom für die Maschinen – und umgekehrt. Damit kann ein Frequenzumrichter auch nach außen ins Stromnetz hineinwirken. Er kann unerwünschte Schwingungen im Stromnetz dämpfen, die unter anderem durch das An- und Abschalten großer Stromverbraucher entstehen. Eine Fabrik ist dann nicht mehr nur Verbraucher, sondern auch Dienstleister.
Um sämtliche Maschinen und die Versorgungstechnik mit Blockheizkraftwerk, Warmwasserspeicher und Hybridspeicher aufeinander abzustimmen, kam auch künstliche Intelligenz zum Einsatz. „Es sind so viele Parameter zu beachten, so viele Betriebszustände der Maschinen“, sagt Benedikt Grosch. „Das kann kein Mensch überblicken.“ Außerdem richte sich die Produktion auch nach dem Stromangebot und dem aktuellen Strompreis. Ist viel Ökostrom im Netz, ist Strom billig. Doch sollte man den Strom dann lieber in den Hybridspeicher pumpen oder die Maschinen direkt antreiben? Wann ist es sinnvoll, das Blockheizkraftwerk hochzufahren? Benedikt Grosch: „Es geht hier ganz viel um Optimierungsprozesse, die man ohne den Einsatz von Optimierungswerkzeugen wie beispielsweise KI nicht lösen kann.“
Zum Projektabschluss werden die Projektergebnisse in Darmstadt offiziell vorgestellt. Die können sich sehen lassen. Doch das Team will weitermachen. „Noch ist bei der Digitalisierung und Programmierung viel Handarbeit nötig“, sagt Jessica Walther. „Im nächsten Schritt wollen wir ein Steuersystem entwickeln, das sich künftig direkt auf verschiedene Fabrikstandorte übertragen lässt. Unsere Technik funktioniert. Man wird sie ohne Probleme auch für größere Produktionsstandorte nutzen können.“
Bild „Sektor Industrie“: ©kbarzycki - stock.adobe.com
Bild „PHI-Factory“: TU Darmstadt/PTW/ETA/Jan Hosan, TU Darmstadt/PTW/ETA/Eibe Sönnecken
Bild „Wieso PHI?“: TU Darmstadt/PTW/ETA/Jan Hosan, TU Darmstadt/PTW/ETA/Eibe Sönnecken
Bild „CIP“: ©dule964 – stock.adobe.com
Bild „PFIFF“: ©ed2806 – stock.adobe.com
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