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Automatisierte Industrieroboter, digitale Speichermedien oder Computersimulationen – alles das gibt es bereits seit Jahrzehnten. In den letzten Jahren hinzugekommen sind jedoch neue technische Möglichkeiten, um Geräte und Prozesse zu vernetzen sowie die anfallenden Daten zu erfassen und auszuwerten. „Nicht ohne Grund ist immer wieder von Daten als dem Gold des 21. Jahrhunderts die Rede“, sagt Dr. Christian Stienen, PtJ-Leiter. Daten fallen heute fast überall an: bei Gasturbinen, in der Produktion von Autos oder Lebensmitteln, beim Arztbesuch. Diese Datenmengen werden sich im Zuge der Vernetzung sogar noch vervielfachen. Gefragt sind die Werkzeuge, mit denen Daten zusammengetragen und analysiert werden können, um wichtige Zusammenhänge und Informationen sichtbar zu machen.
Einiges wird allerdings erst in zehn oder mehr Jahren Realität sein. Passende Technologien fehlen oder sind noch in der Entwicklung. Es gilt, gemeinsame Standards festzulegen. Datenschutz und -sicherheit müssen gewährleistet werden. Dennoch: „Der digitale Wandel hat längst begonnen, das sehen wir in allen von uns betreuten Förderbereichen“, so Christian Stienen, „Digitalisierung wird nicht nur mit speziell auf Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ausgerichteten Programmen gefördert. Von der Energieforschung über Unternehmensgründung bis hin zu den Lebenswissenschaften: In zahlreichen von uns betreuten Projekten spielt Digitalisierung eine bedeutende Rolle.“
Auch in der Energieforschung wurden in der Vergangenheit über die Forschungsförderung immer wieder digitale Lösungen entwickelt, etwa im Rahmen der E-Energy-Initiative, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) 2007 gemeinsam mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gestartet hat. Damals wurden in sechs Modellregionen IT-Lösungen für Verbraucher und Kraftwerke entwickelt, auf denen heutige Ansätze beruhen, insbesondere für die Energieversorgung durch erneuerbare Energieträger.
Ein ähnliches Konzept verfolgt das neue Förderprogramm SINTEG des BMWi – und zwar für die Energiewende. Hier entwickeln und erproben fünf Modellregionen innovative Ansätze für eine effiziente und sichere Versorgung mit Wind- und Sonnenenergie. „Durch die Energiewende hat die Entwicklung von IT-Lösungen für den Energiesektor an Bedeutung gewonnen. Denn eines ist klar: Nur mit einer gezielten Digitalisierung kann die Energiewende gelingen“, betont Dr. Martin Weber, Mitarbeiter im PtJ-Bereich Erneuerbare Energien. Ein Schwerpunkt sind intelligente Netze, auch Smart Grids genannt. Sie sind notwendig, um die komplexere Energieversorgung von morgen sicherzustellen.
Denn künftig werden noch mehr dezentrale Erzeuger den Strom direkt in die Verteilernetze einspeisen – und das nicht gleichmäßig, sondern stark schwankend. Das stellt die Verteilernetze vor große technische Herausforderungen. In den intelligenten Netzen sollen Sensoren den aktuellen Zustand im Verteilernetz erfassen und Steuerelemente für einen reibungslosen Betrieb sorgen. Davon sollen auch die Stromkunden profitieren, die mithilfe von Datenauswertungen ihren Stromverbrauch gezielter steuern können. „Mit Unterstützung der Projektförderung ist die Digitalisierung im Energiebereich den Kinderschuhen entwachsen. Bis zu einer 80-prozentigen Versorgung durch erneuerbare Energien bleibt aber noch viel zu tun“, erläutert Martin Weber. So müssen beispielsweise neue Mess- und Regelgeräte besser miteinander kommunizieren, um die stärkeren Schwankungen ausgleichen zu können.
Der große IKT-Anteil in den von PtJ betreuten Vorhaben spiegelt sich auch bei den Gründerstipendien im EXIST-Programm wider. Das Programm des BMWi fördert Unternehmensgründungen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Etwa drei Viertel der rund 200 Stipendien, die pro Jahr vergeben werden, gehen an Vorhaben aus dem IKT-Bereich. Aus Sicht von Dr. Thomas Großmann vom PtJ-Bereich EXIST-Gründungskultur, Gründerstipendien hat das zwei Gründe: „Die Förderdauer von zwölf Monaten reicht in der Regel aus, um etwa eine Softwareprogrammierung abzuschließen. Hinzu kommt, dass in der Branche gerade viel passiert und Innovationen zum Teil innerhalb weniger Monate entstehen.“ Entsprechend gäbe es hier viele Gründerideen.
Er und seine Kollegen haben aber auch beobachtet, dass sich der IKT-Anteil in anderen Fachgebieten wie etwa im Maschinenbau stetig erhöht. „Das liegt daran, dass beispielsweise der Softwareanteil bei Maschinen und Geräten immer größer wird“, erklärt er. Neue Fördermaßnahmen sollen den jungen Unternehmern helfen, sich auch international zu etablieren. Die Fördermaßnahme German Accelerator unterstützt beispielsweise gezielt Unternehmen der IKT-Branche dabei, ihre Produkte auf dem US-amerikanischen Markt zu platzieren.
Es kursieren über 130 Definitionen. Einfacher ist es zu sagen, was Industrie 4.0 nicht ist: nämlich die Einführung des Computers oder die Digitalisierung der Produktion. Das ist Industrie 3.0. Heute geht es um den Einzug des Internets in die Produktion und die Nutzung von Daten – und zwar von Daten, die sowohl bei Entwicklung und Herstellung als auch bei der Nutzung eines Produkts anfallen, wenn es die Fabrik verlassen hat.
Man muss genau hinsehen. Große wie Siemens, Bosch, ThyssenKrupp oder auch der Automobilzulieferer ZF haben längst erkannt, dass hier starke Umwälzungen im Gange sind, denen man sich stellen muss. Schwieriger ist es bei manchen kleinen und mittleren Unternehmen, die meist über gute Produkte und zufriedene Kunden verfügen. Oft verspüren sie nicht den Druck, sich verändern zu müssen. Beispielsweise liegt in Deutschland der Schwerpunkt auf Automatisierungslösungen. Neue Geschäftsmodelle und Services auf Basis datengetriebener, vernetzter Anwendungen sind noch in der Minderheit. Industrie 4.0 benötigt Investitionen, neue Kompetenzen und Partner. Die Umsetzung dauert Jahre. Viele sehen eher die Risiken als die Chancen. Hier besteht durchaus die Gefahr, dass einige den Anschluss verpassen.
Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hat das in ihrem Jahresgutachten 2016 treffend zusammengefasst. Die Digitalisierungsförderung in Deutschland ist zu einseitig auf Effizienzsteigerungen in der Produktionstechnik fokussiert. Neue Geschäftsmodelle müssen viel stärker gefördert werden. Das entspricht genau dem, was unter anderen wir als Bitkom bereits gefordert haben. Steuerliche Anreize bei Investitionen und Patenten gehören ebenfalls dazu. Wenn diese Dinge umgesetzt werden, wäre das ein großer Schritt nach vorne.
Herr Dorst, vielen Dank für das Gespräch!
PtJ ist zertifiziert nach DIN EN ISO 9001 : 2015 und ISO 27001 auf Basis IT-Grundschutz