Ausbau und Vernetzung der Modellierungskompetenz zur Ausbreitung schwerer Infektionskrankheiten
Mathematische Modelle und Computersimulationen werden in der Epidemiologie zu einem immer wichtigeren Werkzeug und ergänzen dort die experimentelle und klinische Forschung. Die rechnergestützte Modellierung von Übertragungsdynamiken, Infektionsverläufen und den Auswirkungen von Interventionen leistet einen entscheidenden Beitrag zur Abwehrbereitschaft gegen Pandemien und Epidemien. Die Covid-19-Pandemie hat die Notwendigkeit gezeigt, in Deutschland die dafür erforderliche interdisziplinäre wissenschaftliche Expertise vorzuhalten. Neben mathematischen und informatischen Methoden sind hierzu auch Kenntnisse zu epidemiologischen, biologischen, verhaltenspsychologischen und sozialen Prozessen unerlässlich. Da die epidemiologische Modellierung von Infektionskrankheiten in Deutschland jedoch noch nicht als eigenständige Forschungsdisziplin etabliert ist, müssen die entsprechenden Kompetenzen in verwandten Disziplinen erst aufgebaut und miteinander vernetzt werden.
Mit der Richtlinie zur Förderung von Zuwendungen zur „Stärkung der Modellierungskompetenz zur Ausbreitung schwerer Infektionskrankheiten“ vom 10. Mai 2021 (Banz AT 28.05.2021 B8) hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein Modellierungsnetz für schwere Infektionskrankheiten initiiert. Zum einen wurde damit die interdisziplinäre Forschung im Bereich der epidemiologischen Modellierung der Ausbreitung respiratorischer Infektionskrankheiten vorangetrieben, zum anderen ein wissenschaftlicher Austausch zu übergreifenden Fragen wie der Datenlage, der Modellierung des Kontaktverhaltens und der Bedeutung sozialer Netzwerke sowie zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses angestoßen.
Die Maßnahme „Ausbau und Stärkung der Modellierungskompetenz zur Ausbreitung schwerer Infektionskrankheiten“ zielt nun darauf ab, die Kompetenzen sowie die fächerübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung im Bereich der epidemiologischen Modellierung in Deutschland weiter zu stärken und die Diversifikation des Forschungsfelds über respiratorische Erkrankungen hinaus zu unterstützen. Damit soll ein Beitrag zur Vorhaltung wichtiger und vielfältig aufgestellter Modellierungskompetenzen für den Fall von Pandemien und Epidemien geleistet werden, so dass die pandemische Resilienz in Deutschland nachhaltig gestärkt wird.
Bekanntmachung
Wer wird gefördert?
Antragsberechtigt sind Hochschulen, Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft mit Sitz in Deutschland.
Forschungseinrichtungen, die von Bund und/oder Ländern grundfinanziert werden, kann neben ihrer institutionellen Förderung nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihre zusätzlichen projektbedingten Ausgaben beziehungsweise Kosten bewilligt werden.
Über einen Zeitraum von vier Jahren sollen interdisziplinären Forschungsverbünden und eine übergreifende Koordinierungsstelle gefördert werden. In die Forschungsverbünde müssen alle zur Bearbeitung erforderlichen Partner aus Wissenschaft und Praxis einbezogen werden. Die Koordinierungsstelle soll an einem der geförderten Forschungsverbünde eingerichtet werden.
Was wird gefördert?
Gefördert werden interdisziplinäre Verbundprojekte zu populationsbezogenen Modellierungen von Infektionsgeschehen und eine Koordinierungsstelle, die sich zu einem Modellierungsnetz für schwere Infektionskrankheiten zusammenschließen.
Interdisziplinäre Forschungsverbünde können sich in einem der folgenden zwei Anwendungsfelder bewerben:
- Anwendungsfeld 1: Schwere respiratorische Infektionen
- Anwendungsfeld 2: Schwere nichtrespiratorische Infektionen
Im Fokus der Maßnahme stehen insbesondere innovative Modellierungsansätze, beispielsweise durch Einbindung von KI-Methoden, sowie interdisziplinäre Arbeiten, die unterschiedliche Expertisen aus Wissenschaft und Praxis benötigen. Auch können Ansätze gefördert werden, in denen die Integration und Kombination von unterschiedlichen Daten vorangetrieben werden oder in denen Voraussetzungen für eine bessere Interpretation der Ergebnisse von Modellierungen geschaffen werden.
Die gewonnenen Erkenntnisse sollen letztlich dazu dienen, die gesundheitliche und wirtschaftliche Belastung der Gesellschaft durch die Ausbreitung schwerer Infektionskrankheiten zu reduzieren. Aus diesem Grund sind ebenfalls Modellierungen von nichtpharmazeutischen und pharmazeutischen Interventionen notwendig, um Evaluationen zur Notwendigkeit und Wirksamkeit solcher Interventionen sowie möglicher Nebenwirkungen durchführen zu können. Dies soll die Möglichkeit bieten, Interventionen erregerspezifisch zu simulieren. Neben der Ausbreitung von Infektionserregern können dabei auch Interaktionen verschiedener Erreger sowie die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen von Infektionskrankheiten betrachtet werden.
Neben der Förderung der wissenschaftlichen Verbundprojekte soll eine übergreifende Koordinierungsstelle eingerichtet werden, zu deren Aufgaben die Stärkung der Zusammenarbeit der Verbünde, die Initiierung und Koordinierung verbundübergreifender Querschnittsaktivitäten sowie die Kommunikation der gewonnenen Erkenntnisse gehören.
Wie wird gefördert?
Zuwendungen werden im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt.
Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen, die nicht in den Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeiten fallen, sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die unter Berücksichtigung der beihilferechtlichen Vorgaben individuell bis zu 100 Prozent gefördert werden können.
Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und für Vorhaben von Forschungseinrichtungen, die in den Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeiten fallen, sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten. Diese können unter Berücksichtigung der beihilferechtlichen Vorgaben anteilig finanziert werden. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung an den entstehenden zuwendungsfähigen Kosten vorausgesetzt.
Die Förderrichtlinie ist eingebettet in das Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der Bundesregierung. Sie trägt darüber hinaus zu dem Handlungsfeld „KI im Bereich Gesundheit: gesellschaftlicher Nutzen für alle“ des BMBF-Aktionsplans Künstliche Intelligenz bei.
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